Erfahrungsbericht: Unsere Stillreise – ein Weg voller Tränen, Hoffnung und Liebe

Manche Stillgeschichten beginnen leise – und werden zu einem langen, kraftzehrenden Weg voller Zweifel, Tränen und Durchhaltevermögen. Dieser Erfahrungsbericht erzählt von einer Mutter, die ihrem Bauchgefühl vertraut hat, obwohl ihr Umfeld immer wieder sagte: „Alles ist in Ordnung.“ Er zeigt, wie komplex Stillprobleme sein können, wie wenig sichtbar manche Ursachen sind – und wie entscheidend eine ganzheitliche Begleitung sein kann. Eine Geschichte über Ausdauer, Vernetzung, fachliche Tiefe und darüber, was möglich ist, wenn man nicht aufhört zu suchen.

Als ich im April 2024 mein zweites Mädchen zur Welt brachte, war mein allergrößter Wunsch: Sie stillen zu können. Bei meiner ersten Tochter hatte es nicht geklappt – die Stillbeziehung endete nach nur drei Wochen auf dem OP-Tisch, wegen eines Abszesses. Diese Erfahrung hat mich lange belastet.

Direkt nach der zweiten Geburt versuchte ich im Kreißsaal meine Kleine anzulegen – vergeblich. Sie war sehr schläfrig und konnte die Brust nicht halten. Auch ein Stillhütchen half nicht. Zum Glück hatte ich ein paar Kolostrum-Spritzen vorbereitet, aber nach zwei Tagen hatte sie bereits 400g abgenommen. Im Krankenhaus war niemand eine wirkliche Hilfe. Das Zufüttern begann – und mit ihm die Angst, dass sich alles wiederholt. Ich pumpte alle 2–3 Stunden, wir fütterten vier Wochen lang mit Spritze und Sonde zu – ich wollte unbedingt vermeiden, eine Flasche zu geben. Denn das war beim ersten Mal „der Untergang“. 

Ich suchte Hilfe bei einer Stillberatung, drei Kinderärzten, einer Osteopathin und einem HNO – alle meinten: „Alles in Ordnung.“ Doch mein Gefühl sagte etwas anderes. Die damalige Kinderärztin wollte mir damals sogar Psychopharmaka verschreiben, obwohl ich doch nur einen Stillwunsch hatte, wurde richtig unprofessionell und verwies auf die Pre Nahrung. Ich blieb bei meinem Gefühl und suchte weiter. Nacht für Nacht googelte ich beim Pumpen. Immer wieder stieß ich auf das Thema Zungenbändchen. Meine Hebamme verneinte – sie meinte, nach 20 Jahren Erfahrung würde sie das erkennen. Und doch ließ mich der Verdacht nicht los.

Nach fünf Wochen kontaktierte ich eine Stillberaterin aus Rosenheim – die Entwicklerin des Brusternährungssets. Nach nur wenigen Fragen am Telefon lud sie uns ein. Beim Blick unter die Zunge bestätigte sich ihr Verdacht: Ein stark verkürztes Zungenbändchen. Sie verwies uns an die Uniklinik Innsbruck und die dortige Spezialistin. Ein paar Tage später fand nach einem informativen und sehr empathischen Vorgespräch die erste Frenotomie statt. Ich war erleichtert – mein Bauchgefühl hatte mich nicht im Stich gelassen.

Doch das Stillen blieb schwierig. Ich kämpfte weiter – und entdeckte eines Nachts die Homepage von Shaline. Ihre Geschichte ähnelte meiner so sehr, dass ich sie kontaktierte. Sie begleitete uns in den folgenden Wochen wie eine spezialisierte beste Freundin. Wir haben zusammen den Vasospasmus, den Bluttest, mehrere Milchstaus, etliche Nervenzusammenbrüche und Verzweiflung überstanden und eine gute Pumproutine entwickelt. Mit dem von ihr erlangem Wissen kam die Sicherheit und die hatte man auf diesem harten Weg verdammt nötig.

Durch Shaline wurde mir erstmalig die Notwendigkeit der Logopädie nach einer Frenotomie bewusst. Außerdem hatte sie den Verdacht einer hypotoner Zunge geäußert, was sich später durch in der Bobath-Therapie tatsächlich bestätigte und zwar ganzkörperlich, was auch somit die Stillschwierigkeiten auf einmal logisch erklärte.

Schon bald kam es zur zweiten Frenotomie – diesmal mit CO₂-Laser in der Nähe von Stuttgart. Danach folgten drei Wochen aktives Wundmanagement, das mich an meine persönlichen Grenzen brachte. Durch Shaline lernte ich Constanze kennen – eine ganzheitliche Logopädin. Sie erkannte – auch wie Shaline – eine schlaffe Muskulatur bei meiner Tochter und empfahl uns dringend, eine Bobath-Therapeutin aufzusuchen. Die Verbindung zwischen oraler und Rumpfmuskulatur wurde mir erstmals wirklich bewusst.

Zum Glück fanden wir eine sehr gute Therapeutin in der Nähe – sie diagnostizierte eine akute Muskelschwäche, die keinem Kinderarzt zuvor aufgefallen war. Also begannen wir mit intensiver Physiotherapie, ergänzt durch Logopädie. Parallel pumpte ich weiter: Zweimal täglich Power-Pumping (je 1 Stunde lang abends und nachts), tagsüber alle drei Stunden á 20 Minuten – dazu eine kabellose Pumpe für unterwegs.

Ende Juli waren wir zur Nachkontrolle in Innsbruck – das Zungenbändchen war leider immer noch zu straff und musste erneut getrennt werden. Ich verbrachte den ganzen Sommer mit Stillversuchen und Pumpen – und klammerte mich an die Hoffnung, dass wir es irgendwann schaffen würden.

Ab dem 4. Lebensmonat brauchte meine Tochter keine Pre-Nahrung mehr. Ich konnte sie ausschließlich mit Muttermilch ernähren – auch wenn das Brusternährungsset noch nötig war. Im August war ich so sehr erschöpft, dass wir eine weitere Stillberatung in München aufsuchten, die uns schließlich zur Osteopathie brachte. Wieder bestätigte sich der Verdacht: Große Verspannungen auf der linken Seite. Nach jeder Behandlung war meine Tochter wie befreit.

Diese Beraterin brachte mich mit zwei Müttern in Kontakt, die ähnliche Wege gegangen waren – eine davon hatte fünf Frenotomien und acht Monate lang mit Brusternährungsset gestillt, bevor es endlich klappte. Diese Geschichten gaben mir Mut: Es dauert, aber es ist möglich.

Nach 6 Wochen nach der dritten Frenitimie und nach insgesamt 6,5 Monaten kam der große Durchbruch: Meine Tochter löste zum ersten Mal selbst den Milchspendereflex aus. Ich weinte vor Freude – und hatte gleichzeitig Angst, mich zu früh zu freuen. Im Herbst konnten wir das Brusternährungsset endgültig dankend verabschieden – und stillen seither OHNE. Zwei Wochen später bedankte ich mich bei allen, die uns begleitet hatten.

Heute ist meine Tochter 17 Monate alt, wir stillen immer noch – und lieben es sehr.

Unser Weg war hart. Es gibt nur sehr wenige Spezialisten auf dem Gebiet aktuell. Ohne die Unterstützung meines Mannes wäre es nicht möglich gewesen. Aber er hat sich gelohnt. Wir haben gefühlt jede Schwierigkeit mitgenommen und ich wünsche mir von Herzen, dass unsere Geschichte anderen Mamas dennoch Mut macht: Vertraue deinem Bauchgefühl. Suche Hilfe. Und gib nicht auf. ❤️

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