Kaiserschnitt nach Einleitungsversuch

Beginnen wir wenige Tage vor der Geburt meines Sohnes.

Ich hatte einfach keine Lust mehr – alles tat mir weh, Wasser überall, Restless Legs, die Symphyse ließ mich bei jedem Schritt zusammenzucken. Also holte ich mir von meiner Hebamme Ideen und Tipps, wie ich den kleinen eventuell überreden könnte, sich auf den Weg zu machen. Also standen einige Dinge an der Tagesordnung: Warm baden, Akupunktur, Ut-Öl-Massage, hie und da eine Prise Zimt im essen und sogar Nelkenöltampons. Aber was soll ich sagen, nichts davon half. Eine knappe Woche mit alldem verging, aber all das frustrierte mich zunehmend, also ließ ich es sein und beschloss, mich zu entspannen. Tja, was soll ich sagen, ab dem Entschluss waren es nur noch ein oder zwei Tage bis zum Geburtsbeginn!

Freitag, 19.07.2019

Am Mittag hatte ich einen CTG-Termin beim Gynäkologen. Alles war wie immer, das CTG lief, ich wartete. Nur eine einzige Sache war diesmal anders: Mein kleiner Bauchbewohner schien ausgesprochen ruhig zu sein, es gab keine wirklichen Höhen und Tiefen in seiner Herz-Linie. Also baten mich die Arzthelferinnen ein Glas kaltes Wasser zu trinken und den Kleinen ein wenig zu ärgern. Das brachte seine erhoffte Wirkung und er schien zu erwachen, gut sichtbar auf der nun etwas weiter ausschlagenden Linie auf dem Papier. Die zweite Linie – die für die Wehen – zeigte sich genauso regungslos wie immer. Nicht eine einzige kleine Welle, nichts.
Nach dem CTG ging ich noch ins Arztzimmer, wo ich wie immer nach Beschwerden gefragt wurde. Ich verneinte (jedenfalls nichts, was ich nicht schon bei den letzten Besuchen angemerkt hatte). Tatsächlich aber gab es eine kleine Beschwerde. Nicht hübsch, aber eben die Wahrheit: Ich fühlte mich seit einigen Tagen ziemlich nass „da unten“. Das hatte ich schon beim Mal davor angemerkt, woraufhin der Arzt nachsah und es als normal und nicht bedenklich befand. Also verkniff ich mir Weiteres mosern darüber.
Am Nachmittag, nach dem Termin, traf ich mich noch mit einer Freundin auf eine Tasse Tee. Sie hatte zu dem Zeitpunkt bereits einen 10 Monate alten Sohn und kannte daher die ganzen Schwangerschaftswehwehchen. Nach gut einer halben Stunde entschuldigte ich mich kurz und ging ins Bad, um die Nässe „Down Under“ wegzuwischen. Das ging so nun etwa im 10-Minuten-Takt, was meine Freundin etwas stutzig machte.
„Ich meine, dass der Ausfluss etwas mehr wird, weiß ich noch… Aber SO sehr? Sicher, dass es kein Fruchtwasser ist?“
„Naja, ich hab den Arzt vorgestern gefragt, er sagte, alles sei okay. Aber jetzt, wo du’s sagst, so arg war es da auch noch nicht. So schlimm ist es erst seit vorhin.“
„Aber fühlt es sich denn konsistenztechnisch an wie immer?“
„Keine Ahnung, da hab ich nicht drauf geachtet bisher… Warte mal.“
Ich ging noch einmal kurz ins Bad und befasste mich etwas näher damit. Eine klare Flüssigkeit, vom Gefühl zwischen den Fingern her etwa wie Wasser. Also nicht wie immer! Leicht verunsichert erzählte ich meiner Freundin davon und beschloss, in die Klinik zu fahren und einen Test machen zu lassen.
Auf dem Weg dorthin rief ich meinen Freund an und bat ihn, sich bereitzuhalten für den Fall, dass der Test positiv ist. Als nächstes rief ich meine Schwester an. Sie sollte mich als Doula und Fotografin bei der Geburt begleiten und hatte noch vier Stunden Autofahrt vor sich bis zu mir.
In der Klinik angekommen informierte ich die diensthabende Hebamme über mein Anliegen und sie brachte mich daraufhin zum CTG.
„Und was ist, wenn der Fruchtwassertest gleich positiv ist?“
„Na dann bleiben Sie eben hier.“
„Das ist aber nicht die Klinik, in der ich entbinden möchte…“
„Tja. Sie werden sehen, wenn der Test das sagt, dann wird es die Klinik sein, in der Sie entbinden!“
Na bravo. Nun kroch mir ein leiser Anflug von Panik den Nacken hinauf. Diese Klinik hier war für mich so ungefähr worst case! Aber es war eben die Nächstgelegene, daher war ich für den Test hergefahren.
Ich versuchte mich zu beruhigen und wartete das CTG ab. Wieder keine einzige Welle, wieder ein enorm ruhiges Baby. Die Schwester brachte mir ein Tuch mit Orangenöl drauf und sagte, ich solle daran riechen. Als ich das tat wurden nach kurzer Zeit die Herztöne des Babys wacher. Die Schwester war zufrieden und schickte mich in ein Arztzimmer. Die Ärztin, die mich untersuchte, war sehr freundlich, also traute ich mich zu fragen, was denn nun ist, wenn ich nicht hier entbinden möchte.
„Das ist kein Gefängnis. Wir können Sie nicht zwingen zu bleiben. Ich bringe Ihnen dann ein Formular, das Sie unterschreiben und dann fahren Sie in Ihre Wunschklinik.“
Erleichterung.
Die Ärztin machte einen Fruchtwassertest, der tatsächlich positiv war. Ich hatte also einen Riss in der Fruchtblase. Sofort nachdem ich das Entlassungsformular unterschrieben hatte, gab ich meinem Freund und meiner Schwester Bescheid.
Dann fuhr ich nach Hause, ging duschen und kontrollierte noch einmal die Kliniktasche. Mein Freund überredete mich, noch etwas zu essen und wir einigten uns darauf, dass wir gegen 21:00 Uhr losfahren würden in die Klinik.
Auf dem Weg dorthin hatte ich immer mal wieder ein leichtes Ziehen im Bauch, was ich aber kaum wahrnahm. Als wir ankamen wurde als erstes ein CTG geschrieben, das auch tatsächlich ganz regelmäßig alle fünf Minuten eine Welle aufzeichnete. Meine Freude wuchs.
Nach 30 Minuten folgte dann eine Muttermundkontrolle und ein erneuter Fruchtwassertest. Der Muttermund war bei 1cm, also genauso, wie auch schon die letzten zwei Wochen. Ich muss sagen, das enttäuschte mich ein wenig. Der Fruchtwassertest war – oh Wunder – wieder positiv. Übrigens ist das ein guter Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass es nicht wie im Film einmal *platsch* machen muss und dann fertig. Nein, ich hatte einen hohen Riss in der Fruchtblase, also ging immer nur ein kleines bisschen Fruchtwasser ab und ich tröpfelte vor mich hin, wie ein undichter Wasserhahn. Eher so mittelangenehm.
Als nächstes wollte mir die Ärztin einen Venenzugang legen, was ich verneinte. Ich hatte bereits vor einigen Wochen ausdrücklich in meinen Geburtsplan geschrieben, dass ich keinen Zugang wollte. Aber die Ärztin redete mir ins Gewissen, da ein Blasenriss immer ein Infektionsrisiko mit sich bringt und da sollte man schon prophylaktisch Antibiotika über die Vene geben. Ich gab sehr widerwillig nach und ließ sie in meine linke Hand stechen.

Aus heutiger Sicht war das, wie ich vermute, einer der Gründe, weshalb ich innerlich unter Stress geriet und sich alles Weitere sehr verlangsamte

Wir wurden auf unser Zimmer gebracht und sollten etwas schlafen. Meine Schwester hielt sich in der Nähe auf und war auf Abruf.
In der Nacht bekam ich eine weitere Antibiose und leider ließen die Wellen komplett nach.

Samstag, 20.07.2019

Am Morgen um 7:00 Uhr wurden wir abgeholt, damit ein CTG geschrieben werden konnte. Es waren zwar ein paar Wellen darauf zu sehen, aber doch eher zögerlich und unregelmäßig. Genauso zögerlich war die Herzlinie des Babies. Er schien mal wieder zu schlafen und so gab es wieder kaltes Wasser zu trinken und Orangenöl zu riechen. Das war eher wenig erfolgreich, also versuchten wir es auch noch mit pieken und rütteln am Bauch, was zumindest einen kurzen Erfolg brachte. Mal wieder gab es eine Antibiose und wir frühstückten eine Kleinigkeit.
Da der Fortschritt in Sachen Geburt quasi nicht vorhanden war, war die Ärztin der Meinung, man müsse nun über Einleitungsmethoden nachdenken. Sie erklärte uns, dass man nach einem Blasensprung nur soundso viel Zeit habe bis zur Geburt, sonst könne es gefährlich werden, und deshalb wolle sie mir ein Magenmittel, das als Nebenwirkung Gebärmutterkontraktionen hervorruft, geben. Mir gefiel das Ganze nicht und nach Absprache mit meiner Schwester fragte ich, ob wir nicht zuerst einen Wehencocktail versuchen könnten. Die Ärztin willigte ein und so bekam ich eine Stunde später das Gemisch aus Sekt, Rizinusöl und Orangensaft. Also ich muss sagen, lecker geht anders! Als ich die Kanne leergetrunken hatte und das – gefühlt fünfzigste – CTG fertig geschrieben war, machten mein Freund, meine Schwester und ich einen Spaziergang durch den Wald neben der Klinik. Durch den Sekt hatte ich einen ordentlichen Schwips, was bei etwa 38 Grad Außentemperatur nicht allzu angenehm war. Wehentechnisch tat sich noch immer nicht viel.

Meine Schwester hatte am Mittag beschlossen, noch einmal nach Hause zu fahren und am Abend wiederzukommen. Kurz nachdem sie weg war, bekam ich die Wirkung des Rizinusöls zu spüren: Mein Darm arbeitete. Schnell. Nur leider war das auch die einzige Wirkung.
Die diensthabende Hebamme sagte, wir sollten uns noch etwas ausruhen und schlafen, doch ich war mir sicher, dass ich das nicht konnte. Ich fragte sie, ob ich eine Vomex Tablette bekommen könnte, denn ich wusste, dass ich davon immer extrem müde wurde. Sie willigte ein und ich bekam das Mittel. Zurück in unserem Zimmer trat dann nach einigen Minuten auch die gewünschte Wirkung ein und ich schlief ein.
Am späten Nachmittag war es mal wieder Zeit für einen CTG-Besuch im Kreißsaal. Da der Cocktail ja leider nichts gebracht hatte, redete mir die Ärztin noch einmal ins Gewissen bezüglich des engen Zeitrahmens und schaffte es so, mir die Tabletten aufzuschwatzen.

Aus heutiger Sicht war das wohl der ausschlaggebende Punkt für den weiteren Verlauf.

Ich nahm eine viertel Tablette und es wurde noch eine weitere halbe Stunde CTG geschrieben, damit genau verfolgt werden konnte, wie Baby und mein Körper auf die Tablette reagierten. Der Kleine zeigte sich unbeeindruckt, aber ich bekam zur Überraschung aller anwesenden ziemlich rasch ziemlich deutlich spürbare Wellen. Zu meinem Entsetzen kamen diese etwa alle 3 Minuten, was es sehr unangenehm gestaltete. Wieder sollten wir auf unser Zimmer gehen und uns die Nacht über versuchen auszuruhen. Die Hebamme war aufgrund des Bildes, das sich ihr bot, sehr zuversichtlich, dass sich in der Nacht ordentlich was tun würde. Ich hoffte es!
Auf dem Weg ins Zimmer wurden die Wellen zunehmend unangenehmer. Es war wie ein Korsett, das sich eng um meinen Bauch zog und alle 3 Minuten kam auch noch ein ordentlicher Unterleibskrampf dazu. Im Zimmer kniete ich mich auf das Bett und mein Freund massierte mir den Rücken.
Mitten in der Nacht traf dann meine Schwester wieder bei uns ein und wir legten uns alle gemeinsam in zwei Krankenhausbetten schlafen. In der Nacht stand ich mehrmals auf, um auf Toilette zu gehen oder einfach im Raum auf und ab zu gehen, während die anderen beiden schliefen. Ich kann nicht genau sagen, wann, aber irgendwann in der Nacht gingen die Wellen wieder weg.

Sonntag, 21.07.2019

Geweckt wurden meine Schwester und ich am Morgen von der Hebamme, die zum CTG in den Kreißsaal bat. Mein Freund bekam davon nichts mit und wir dachten, dass es wohl am besten wäre, wenn wir ihn schlafen ließen. Ich ging noch mal auf Toilette, wo ich beim Abwischen feststellte, dass das Toilettenpapier nicht mit einer klaren Flüssigkeit, sondern mit einer gelblichen benetzt war. Ich wurde kurz stutzig, dachte mir dann aber nichts weiter dabei. Im Nachhinein bin ich mir ziemlich sicher, dass mein Sohn ebenfalls unter Stress geraten war und bereits Stuhlgang abgesetzt haben muss, was das Fruchtwasser verfärbt.
Im Kreißsaal wurde das hundertste CTG geschrieben. Mal wieder war mein Bauchbewohner sehr ruhig und die üblichen Mittel kamen zum Einsatz. Plötzlich flog die Tür auf und mein ziemlich ängstlich dreinblickender Freund stand dort. Er war aufgewacht und wir waren weg, Panik überkam ihn. Er beruhigte sich schnell wieder und machte sich auf den Weg unser Familienzimmer zu bezahlen.

Die ersten 30 Minuten am CTG waren um und die Hebamme brachte die nächste Viertel Tablette, die ich dann auch gleich nahm. Nach wenigen Minuten wurde plötzlich der Piepton, der die Herzfrequenz meines Babys darstellte, auffallend langsam. Wir versuchten die Position des Gurtes zu verändern, weil wir dachten, das Gerät zeichnete meinen eigenen Herzschlag auf, aber wir fanden keinen typischen schnellen Babyherzschlag. Also riefen wir die Hebamme, die es auch noch mal versuchte. Auch sie fand nur den einen. Sie zog ein Telefon aus der Tasche und rief die Ärztin an, die innerhalb kürzester Zeit mit mehreren anderen (ich weiß leider nicht mehr wie viele und auch nicht, ob es Schwestern oder Ärztinnen waren) Personen in den Raum geeilt kam. Sie drehte mich auf die linke Seite und wies mich an, tief und langsam zu atmen. Ich bekam es mächtig mit der Angst zu tun. Meine Gedanken rasten in alle möglichen Richtungen.

Was ist los? Was ist mit meinem Baby? Warum ist sein Herz so langsam? War es die Tablette? War es der Stress der vergangenen zwei Tage? Wird er sterben? Ist er okay? Bekommt er genug Sauerstoff?

Hunderte Fragen wirbelten in meinem Kopf umher, aber keine fand ihren Weg über meine Lippen. Ich schluchzte, weinte, zitterte. Nebenbei hatte mir die Ärztin Wehenhemmer gespritzt, was mein Herz zum Rasen brachte und mein Zittern noch verstärkte.
Irgendwo hinter meinen unfassbar lauten Gedanken hörte ich die Ärztin:
„Ruhig atmen. Nicht weinen.“

Aber ich sah nur voller unsagbarer Angst und zitternd wie Espenlaub meine Schwester an und das einzige, was ich rausbrachte war ein halblaute und abgehackt der Name meines Partners.
„Er ist sicher gleich zurück. Alles wird gut. Konzentrier dich. Ein, aus, ein, aus.“
„Ich k-k-kann n-nicht“
„Doch. Tief einatmen.“

Wieder sollte ich mich nach links drehen. Wieder bekam ich das Mittel gespritzt. Wieder zitterte ich. Ich unterdrückte ein Schluchzen und kämpfte gegen die Panik. Dieses Mal klappte es viel besser als davor und das ganze war nach kurzer Zeit vorbei.
Langsam bekam ich meine Panik in den Griff und schaffte es langsamer zu atmen. Der Puls von meinem Baby fing sich ebenfalls. Als ich aufsah stand mein Freund neben meiner Schwester und auch er sah ziemlich geschockt aus. Ich setzte mich auf und wir erzählten ihm, was gerade passiert war. Wenige Minuten vergingen und es schien, als sei alles wieder okay. Doch dann wurde das Piepen wieder so langsam. Wir riefen direkt nach der Hebamme, die auch direkt mit der Ärztin reinkam.
Die Ärztin untersuchte mich und stellte fest, dass sich rein gar nichts getan hatte. Der Muttermund war noch immer auf 1cm. Eine Geburt war somit nicht in Sicht. Sie machte ein Ultraschall, um heraus zu finden, ob das Baby vielleicht auf die Nabelschnur drückte und ich so die Blutzufuhr selbst abschnitt. Es war nichts erkennbar

„Naja, also wir können jetzt hoffen, dass es nicht nochmal passiert, aber eine Geburt ist eben noch nicht in Sicht und wir wissen nicht, wie ihr Baby auf starke Wehen reagieren wird.“
Sie sprach die andere Option nicht aus, aber wir alle drei verstanden sofort.
Die Frage kam von unserer Seite.
„Also entweder wir warten ab und es könnte noch zehn mal passieren oder wir entscheiden uns für einen Kaiserschnitt?“
„Ja. Überlegt es euch, beratet euch. Und dann gebt uns Bescheid.“
Und das taten wir dann auch. Für mich stand die Entscheidung relativ schnell fest. Mir war es einfach zu riskant. Ich teilte den anderen beiden meine Gedanken mit und sie gaben mir Recht. Also informierten wir die Hebamme darüber, dass der Kleine per Kaiserschnitt geholt werden soll.
Kurze Zeit später kam ein Anästhesist und klärte mich über alle Risiken auf. Ich nahm all das zur Kenntnis und meine Angst wandelte sich in Freude. Ein Ende war in Sicht!
Ich zog mir ein OP-Hemd und eine Haube an und wurde dann auch gleich mit meinem Bett zum Operationssaal gefahren.

Dort wurde ich auf einen Tisch verfrachtet und um mich herum wurde alles vorbereitet. Dann kam wieder der Anästhesist und bat mich, mich aufzusetzen und einen Buckel zu machen. Zuerst spritzte er mir eine lokale Betäubung in den Rücken, die an der Einstichstelle ziemlich brannte. Danach legte er die Spinalanästhesie. Die fühlte sich an, als würde mir ein kalter Wassertropfen vom Einstich bis zum Steiß runterlaufen und dann begannen meine Füße zu kribbeln.
„Soll ich die Beine wieder auf den Tisch legen?“
Er lachte.
„Die können Sie jetzt ohnehin schon nicht mehr bewegen.“
Ich versuchte die Beine anzuheben, aber tatsächlich, ich spürte sie nicht mehr. Völlig fasziniert beobachtete ich, wie zwei Schwestern meine Beine auf den Tisch hoben. Dann sollte ich meinen Oberkörper nach hinten ablegen und die Arme zu beiden Seiten von mir strecken. Meine Handgelenke wurden fixiert und über meiner Brust wurde ein Tuch gespannt, sodass ich nicht mehr sehen konnte, was dort unten geschah. Die ganze Zeit über erklärte der Anästhesist ganz genau, was gemacht wurde.
Mir wurde ein wenig schwindelig und ich hatte das Gefühl, dass mein Kreislauf schlappmachen würde. Ich informierte den Anästhesisten darüber, der mir daraufhin etwas spritzte und das Gefühl ließ nach.
„Ich werde jetzt prüfen, ob die Betäubung richtig sitzt. Wie fühlt sich das an?“
Er berührte meine Schulter mit einem Metallgegenstand.
„Kalt.“
„Sehr gut. Und jetzt?“
Es fühlte sich an, als würde mich ein warmer Wattebausch am Bauch berühren.
„Warm.“
„Perfekt. Dann können wir anfangen!“
Mein Freund wurde reingebracht und setzte sich neben meinen Kopf. Er bekam die Anweisung mit mir zu reden, um mich abzulenken.
Es fühlte sich ziemlich eigenartig an. So, als könnte ich genau spüren, was gemacht wird, aber ohne Schmerzen. Es fühlte sich alles eher an wie ein warmes Streicheln. An mir wurde geruckelt und gezogen und jemand legte sich mit ordentlich Gewicht auf meinen Oberkörper und schob zuerst meine Lunge nach oben und dann meinen gesamten Bauch nach unten. Parallel dazu redete ich mit meinem Freund.
Mit einem Mal konnte ich wieder tief atmen und ein klarer Schrei ertönte. Es war der Schrei eines Babys. Es war der Schrei unseres Sohnes. Ich hörte mich selbst tief schluchzen. Der Kleine wurde kurz zu uns gebracht, damit wir ihn begrüßen konnten.
„Hi du! Oh Gott Schatz, er hat dunkle Haare!“
Dann ging jemand – vermutlich Ärztin oder Hebamme – mit ihm in einen Nebenraum, um nachzusehen, ob er okay war. Mein Freund durfte mitkommen. Die beiden wurden zum Kreißsaal gebracht und ich wurde vernäht. Nach wenigen Minuten begann ich heftig zu zittern, wohl eine Reaktion auf die Betäubung. Der Anästhesist spritzte mir wieder etwas und das Zittern ließ nach.

Ich wurde zurück in mein Bett verfrachtet und dann ebenfalls zum Kreißsaal gefahren. Immer mal wieder sandte ich ein Muskelsignal an meine Beine – piep piep piep, kein Anschluss unter dieser Nummer.
Die Tür zum Kreißsaal ging auf und dort waren sie alle. Meine Schwester lächelte vom Fenster aus herüber, mein Freund lag oberkörperfrei auf dem Bett und auf ihm lag ein kleines Bündel. Alles war gut.